Ich habe Romy vor mehr als fünfzehn Jahren als Richard kennengelernt, als ich noch nie etwas von Intersexualität gehört hatte.
Im Alter von achtundzwanzig Jahren erfährt Richard von der Existenz seiner Eierstöcke und einer Gebärmutter. Zwei Jahre später entschließt er sich zu einer geschlechtsangleichenden Operation und zu einer Namensänderung, doch die ersehnte Lösung aller Probleme bleibt aus. Romy fühlt sich identitätslos und sieht im Spiegel immer noch Richard….
Romy hat nie gelernt, sich als Mensch zu schätzen. Sie konnte nicht als Mann heranreifen und hatte auch keine Pubertät, die Mädchen normalerweise durchleben. Auch konnte sie sich an keinem Geschlecht orientieren, weil sie beides nicht war. Sie war kein Mann und durfte keine Frau sein. Dieser Konflikt zieht sich durch ihr ganzes Leben, denn schon als Kind spürte sie, dass sie „anders“ war, wurde aber darüber nie aufgeklärt und bekam schon in sehr jungen Jahren Testosteron, um sich „richtig“ zu entwickeln. Leider wurde es verabsäumt sie sorgfältig zu untersuchen, sonst hätte man schon als Kind festgestellt, dass sie innere weibliche Organe besitzt. Ihr Leben wäre ganz anders verlaufen…
Romy, 2018:
„Jeder kann es sehen! Ich bin ein Monster und du kannst nicht nachempfinden, was in mir vorgeht!“ Ich versuche, ruhig zu bleiben. „Du hast keine Ahnung wie es sich anfühlt, wenn man von allen angestarrt wird, von Leuten, die sich fragen, was man eigentlich ist.“ Natürlich hört sie nicht auf damit. Ich nicke resignierend.
„Ich bin ein hässliches Monster. Ich bin ein Mann!“ Sie zerrt an meiner Schulter, damit ich mich umdrehe und sie anblicke. Ich wehre mich ganz kurz weiß aber, dass es keinen Sinn hat. Sie hört ohnehin nicht auf damit…